Es war die Zeit, als Handys noch Antennen hatten und Google ein Fremdwort war. Ich hatte genug von der Bank und meiner Arbeit als Marketmaker an der Börse. Der Wunsch nach etwas Neuem trieb mich an, eine Bar im Univiertel zu eröffnen. Die Einrichtung sollte an meine Urlaube in Kuba und Brasilien erinnern – ein Ort zum Entspannen, mit gemütlichen Ledersesseln, einem Tresen aus dunklem Holz und einem schummrigen Licht, das Geschichten aus der Vergangenheit erzählte.
Es war ein heißer Sonntagvormittag, die Straßen leer. Ich saß allein in meiner Bar, genannt “Sul”, und war mir nicht sicher, ob ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Ich war Anfang dreißig und das Leben schien vor mir zu liegen, aber gleichzeitig war ich mir unsicher, ob diese Bar wirklich mein Ding war.
Ein junger Mann mit südländischem Aussehen betrat meine Bar. Er schien die Espressomaschine zu bewundern und fragte, ob ich Italienisch verstünde. Er wollte einen Espresso. Ich hatte schon immer eine Schwäche für den südländischen Blick aufs Wesentliche, und so unterhielten wir uns. Er war Programmierer, aber kein langweiliger Karrierist. Er war eher vom Hacker-Typ, ein Skeptiker gegenüber Konzernen und Microsoft-Monopolen. Er setzte sich für Open Source und die Demokratisierung von Information und Wissen ein. Gleichzeitig besaß er einen Sinn für gutes Essen, Kultur und Neugier auf die Welt.
Ich hatte damals die Idee, Aktienkurse in Echtzeit auf mein Siemens-Handy zu bekommen. Ich wollte mein Depot professioneller verwalten, ohne dabei die Annehmlichkeiten meiner Bar zu missen. Mein Ziel war es, die Bar zu meinem Büro zu machen. Er fand die Idee gut, aber er besaß weder Computer noch Handy, geschweige denn eine Internetverbindung. Er war ein Mann der einfachen Dinge, der mit leger getragenem Hemd durchs Univiertel schlenderte, ohne Tasche, ohne Gepäck, immer auf der Suche nach etwas Neuem, Unbekanntem.
Ich erklärte ihm, wie weit ich mit meinem Projekt war. Ich hatte auf einem alten DOS-Computer angefangen, Daten in einer dBase-Datenbank zu speichern und Abfragen zu erstellen. Der Bildschirm war bernsteinfarben, die Rechenleistung bescheiden. Vorher hatte ich mit Sinclair-Computern und BASIC-Programmierung gearbeitet, mit Zeilennummern und sequenziellen If-Then-Schleifen. Er war deutlich weiter. Man konnte es schon erahnen, als man sah, mit welcher Geschwindigkeit seine Finger über die Tastatur wirbelten.
Ich beschrieb ihm meine Vision: Das Programm sollte ein angeschlossenes Handy erkennen, den Anruf ablehnen, dann das Modem starten, sich ins Internet einwählen, die aktuellen IBM-Aktienkurse auf Yahoo abrufen und mir den letzten gehandelten Kurs per SMS anzeigen. Ich hatte in den letzten Monaten jedoch kaum Fortschritte gemacht.
Er bat mich, kurz um Geduld. Er würde gleich wiederkommen. Nach zwei Zigarettenlängen kam er zurück und sagte: “Probier es aus!”
Und tatsächlich: Ich rief eine italienische Festnetznummer an, der Anruf wurde abgelehnt und eine SMS mit dem aktuellen IBM-Kurs kam zurück. Er hatte sich in das gegenüberliegende Bankfoyer begeben, wo man eigentlich nur den Kontostand des eigenen Kontos abfragen konnte oder Bargeld abheben konnte. Dort hatte er die Windows-Oberfläche lahmgelegt, sich auf die DOS-Ebene begeben, sich die notwendigen Rechte angeeignet, um ins Internet zu gelangen, sich bei einem Server in Florenz einer Studentenverbindung eingeloggt und dort mit einer einfachen C-Programmiersprache ein kleines Programm geschrieben, das er in deren UNIX-Betriebssystem ausführen konnte. Vom ersten Verständnis bis zum fertigen Programm – alles in zehn Minuten.
Mehrere Jahrzehnte später haben wir einiges hinter uns: Ehen, Orte, mehrere Firmen. Wir haben uns mit IT-Fachleuten herumgeärgert, die Microsoft-Server aufsetzen, in JavaScript herumtüfteln und glauben, dass das Programmieren sei.

Ubaldo Porcheddu / Jörg Schönhart / Wito Zaar
Mittlerweile kennen wir uns mit Siemens Logic-Systemen, Panasonic Telefonanlagen aus. Zumindest einer von uns versteht, wie Betriebssysteme auf unterster Schicht funktionieren. Wir wissen, wie Layer-7-Systeme der Telekom und GSM-Provider funktionieren und wie man Echtzeitsysteme mit virtuellen Servern baut. Wir hatten Firmen für Datenbanken für Versicherungen und Telekomprovider und können auf mehreren Trunks unzählige Telefongespräche gleichzeitig führen. Wir können virtuelle Server in Sekunden erschaffen und wieder zerstören, um feindliche Angreifer in die Irre zu führen. Wir wissen, dass gute Programme echtzeitfähig, ressourcenschonend und stabil auf alter Hardware laufen können. Wir haben uns Konzepte überlegt, um diese Services 24/7 auch bei hohem Traffic laufen zu lassen. Ein gutes Text-to-Speech-System kann man in wenigen Megabytes sehr gut abbilden. Man kann aber auch mit Python und Microsoft-Servern wackelige Lösungen anbieten, die dann zu neuen Problemen führen. Wir haben unsere Überzeugungen: Unix-artige Betriebssysteme und SQL sind für uns immer noch gut, und C ist für uns das professionellste Tool.
Desica läuft komplett auf Tibula, es ist ein mächtiges Framework zur Steuerung von verschiedenen Services, es ist hoch skalierbar und effizient geschrieben. Wir denken, dass es derzeit eines der besten Systeme für professionelle Datenverwaltung in Echtzeit ist…
Deswegen haben wir Tibula auch Open Source gestellt. Mehr dazu erfahren Sie hier.